Bedienungsanleitung fürs Richterbuch

  1. Bitte nicht nachmachen
    Viele von uns sind es gewohnt, die Bibel mit zwei Fragen zu lesen: Was macht der Held in dieser Geschichte? Und wie kann ich so leben wie der Held? Also: „Simson besiegt den Löwen. Sei stark wie Simson und besiege den Löwen in deinem Leben.“ Mit dieser Herangehensweise werden wir (nicht nur) im Richterbuch schnell an unsere Grenzen kommen. Die jüdischen Stammesführer – die Helden – bringen andere dazu, falsche Götter anzubeten, verachten die Frauen in ihrem Leben oder geben ihrem Zorn freien Lauf. Die Geschichten wollen keine Vorbilder liefern – sie wollen greifbar machen, was es heißt, sich immer mehr von Gott zu entfernen.

    Vergiss die Frage: Wie kann ich so sein wie Stammesführer XY?

  2. Finde den wahren Kampf
    In den Geschichten der Stammesführer gibt es überall Kämpfe. Lass dich durch all diese Action nicht davon ablenken, worum es eigentlich geht. Alle Stammesführer kämpfen einen inneren Kampf: Sie sind hin- und hergerissen zwischen einem Leben mit Gott und einem Leben das genauso ist, wie das der Völker um sie herum. Manche haben sogar schon aufgehört zu kämpfen. Die inneren Kämpfe der einzelnen „Helden“ sind dabei immer auch ein Bild für das gesamte Volk.

    Stelle dir die Frage: Welchen inneren Kampf gibt es in dieser Geschichte und wie hängt er mit den äußeren Einflüssen zusammen?

  3. Lies zwischen den Zeilen
    Wenn du die Geschichten der Stammesführer zum ersten Mal liest, wirst du dich an manchen Stellen fragen: Soll ich das jetzt gut oder schlecht finden? Diese Verwirrung hat viel damit zu tun, dass die wichtigsten Dinge im Richterbuch indirekt kommuniziert werden. Der Autor geht davon aus, das wir bereits wissen, was Gott eigentlich will und die Geschichten dementsprechend einordnen. Insbesondere die Botschaft von 5. Mose ist der Kompass, der uns Orientierung bietet: Gott möchte mit Israel ein Volk schaffen, dass sich ganz um ihn dreht, dessen Gesellschaftsleben von sozialer Gerechtigkeit geprägt ist und das ein Licht für die Welt ist. Dafür muss Israel vollkommen anders sein als die Völker in der Umgebung.

    Stelle dir die Frage: Was weiß ich bereits aus dem Alten und Neuen Testament über Gott und seinen Plan für die Welt? Wie hilft mir das, diese Geschichte einzuordnen?

  4. Behalte Gottes Gnade im Blick
    Gottes Verhalten im Richterbuch ist nicht immer leicht zu verstehen: „Warum hilft Gottes Geist einem vollkommen unmoralischen Stammesführer? Warum scheint er passiv dabeizustehen, während hilflosen Menschen Gewalt angetan wird?“ Über solche Fragen müssen wir nachdenken und Gott kann gut damit umgehen, dass wir sie ihm stellen. Dabei dürfen wir aber nicht den Blick für das eigentlich Erstaunliche verlieren: Sein eigenes Volk wird mit jedem Kapitel schlimmer und trotzdem kommt er ihnen immer wieder zur Hilfe. Die Stammesführer leben oft wie Kanaaniter und trotzdem gebraucht er sie, um seinen Plan zu erfüllen. Das ist Gnade.
    Gottes Ziel in diesem besonderen Abschnitt der Geschichte ist es, sein Volk im verheißenen Land zu etablieren und von den negativen Einflüssen der anderen Völker zu befreien. Gott stellt sich dabei immer wieder gegen einzelne Völker aus der Umgebung – und auch gegen sein eigenes Volk. Aber sein langfristiges Ziel ist klar: Durch Abrahams Nachkommen sollen einmal „alle Völker der Erde“ gesegnet werden (1. Mose 12,3). Gott möchte von allen Menschen angebetet werden und deswegen lässt er sein Volk und seine Welt nicht im Stich.

    Stelle dir die Frage: Wo kann ich in dieser Geschichte Gottes Gnade erkennen? Wie bleibt Gott seinem Plan für die Welt treu?